Geschichte

Im Jahre 2019 feierte die Evangelische Kirchengemeinde Neunkirchen ihr 50-jähriges Bestehen, was u.a. ein Anlass für einen Rückblick ist. In diesem Beitrag soll betrachtet werden, wie sich das Entstehen unserer Kirchengemeinde vollzog und vor allem, was 1969 Wesentliches geschah, dass dieses Jahr zum Gründungsjahr wurde.

Betrachten wir zunächst die evangelische kirchliche in Neunkirchen im Jahr 1968: Die evangelischen Christen des Ortes und der umliegenden Dörfer und Ansiedlungen waren Glieder der evangelischen Kirchengemeinde Seelscheid, wie es sich ergeben hatte, als bei und nach Kriegsende 1945 immer mehr Evangelische in das bislang fast rein katholische Neunkirchen zogen. Weil der Weg in die evangelische Dorfkirche in Seelscheid doch recht weit und beschwerlich war und die Nutzung von Räumlichkeiten, die von der katholischen Kirche in Neunkirchen zur Verfügung gestellt wurden nicht das Optimale waren, wurde in Neunkirchen in der Dahlerhofer Straße ein Kirchgebäude für die evangelischen Neunkirchener errichtet, das ab 1961 genutzt werden konnte. Aber eine eigene Kirche macht noch keine eigene Kirchengemeinde.

Trennung wird amtlich
Am 13. September 1968 beschloss das Presbyterium der Seelscheider Kirchengemeinde ihre Auftrennung in eine Seelscheider und eine Neunkirchner Kirchengemeinde. Dieser Beschluss war für sich allein nicht ausreichend für die Gründung der Neunkirchner Gemeinde, sondern wurde um die gewünschte Wirkung, d.h. die Trennung, zu erzielen auf dem kirchlichen Dienstweg an das Landeskirchenamt (LKA) in Düsseldorf geleitet. Dort wurde am 29. Januar 1969 in einer Urkunde die Errichtung der Kirchengemeinde Neunkirchen amtlich dokumentiert. Die Regierungspräsident Köln erkannte dann am 28. Februar 1969 die Errichtung der Kirchengemeinde Neunkirchen für den staatlichen Bereich an.

Wir haben also Anfang 1969 eine Evangelische Kirchengemeinde Neunkirchen mit einer ausreichenden Anzahl an Gemeindegliedern und einem eigenen Gotteshaus, aber es fehlt noch etwas ganz Wichtiges, nämlich das Leitungsgremium in Form eines gewählten Presbyteriums. Genauso wie Gott die Welt nicht an einem Tag schuf und Rom nicht an einem Tag gebaut wurde, vollzog sich der Aufwuchs der Kirchengemeinde über einen längeren Zeitraum. Die ersten Jahre des Aufwuchses sollen im Folgenden näher betrachtet werden.

Weil ein gewähltes Presbyterium umständehalber noch fehlte, wurde durch den Kirchenkreis an Sieg und Rhein ein Bevollmächtigtenausschuss (BVA) eingesetzt, dem Evangelische aus Seelscheid und Neunkirchen angehörten und von Pfarrer Wilhelm Sälzer aus Much geleitet wurde. Pfr Sälzer war der erste Pfarrer der im Jahre 1954 in Much gegründeten evangelischen Kirchengemeinde und hatte dort wertvolle Erfahrungen gesammelt, die er nun beim Aufbau, für den es die Erfüllung verschiedener Formalien bedurfte, der Neunkirchener Gemeinde einbringen konnte.

Beginn mit drei Sitzungen
Im Archiv der Neunkirchener Kirchengemeinde ist dokumentiert, dass der BVA vor der Wahl für das erste Presbyterium drei Sitzungen abhielt, bei denen leider nur bei einer das Datum angegeben ist, nämlich der 24. Juni 1969. In diesen drei Sitzungen wurden erste wichtige Beschlüsse gefasst, und zwar zum Personal, zu Gebäuden und zur Presbyteriumswahl.

Zu den Personalentscheidungen gehörte zunächst, den Gemeindediakon Herbert Skambraks aus Wengern (Ruhr) ab dem 16. Mai 1969 in den Gemeindedienst der ev. Kirchengemeinde Neunkirchen zu berufen. Eine weitere Personalie betraf den Kirchmeister, also die Person, die für den Haushalt der Kirchengemeinde zuständig ist. Am 24.06. wurde zum Kirchmeister Herr Robert Fischer, der bereits in der Seelscheider Kirchengemeinde dieses Amt innehatte, gewählt. Herr Rudolf Radtke wurde der erste Küster der ev. Kirchengemeinde Neunkirchen.

Die um die Gebäude der Kirchengemeinde kreisenden Überlegungen hielten sich zu nächst in Grenzen. Klar war, dass die Gemeinde recht bald ein Gemeindehaus brauchte, denn es gab bisher nur das Gotteshaus. Ein Gebäude mit Saal, Büro, Küche und Toiletten fehlte. Sitzungen des BVA und später des Presbyteriums mussten notgedrungener Maßen in der kleinen Sakristei des Kirchgebäudes stattfinden, in drangvoller Enge und mit von Zigarettenrauch geschwängerter Luft. 1969 wurde noch mehr geraucht als heutzutage!

Das erste Presbyterium
Die höchste Dringlichkeit hatte die Wahl des Presbyteriums. Weil aber eine solche Wahl eine längere Vorbereitungszeit benötigt und mit der vorgesetzten Ebene, dem Kreissynodalverband (KSV) abgestimmt werden musste, konnte sie erst am 05. Oktober 1969 durchgeführt werden. Wegen der Streulage der Gemeinde – es gab viele verstreut um Neunkirchen herum liegende Dörfer und Ansiedlungen – war die Zahl der zu wählenden Presbyter mit 8 als notwendig angesehen und festgelegt worden. Wahlleiter war Pfr Wilhelm Sälzer aus Much. 120 Stimmzettel wurden abgegeben.

11 Personen zur Presbyterwahl vorgeschlagen worden, 10 Männer und eine Frau. Ins erste Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde wurden gewählt (in der Reihenfolge der erhaltenen Stimmen):

  • Herr Erich Lüllwitz
  • Herr Gisbert Dieckhoff
  • Herr Wilhelm Hermes
  • Herr Erich Höppner
  • Herr Horst Schulze
  • Herr Rudolf Radtke
  • Herr Günter Thurnburg
  • Herr Alfred Maus

Vorsitzender (Präses) des Presbyteriums wurde Pfr Wilhelm Sälzer.

Die erste Sitzung des neugewählten Presbyteriums fand am 27. November 1969 statt. Dabei wurde G. Thurnburg zum Kirchmeister berufen und G. Dieckhoff zum Abgeordneten für die Kreissynode gewählt. Außerdem wurde eine Finanzausschuss und ein Bauausschuss gebildet. Die beiden Ausschüsse waren in Anbetracht des erforderlichen Gemeindehausbaus besonders wichtig. Gespräche über diese Baumaßnahme bildeten dann auch den wesentlichen Teil der nächsten Presbyteriumssitzung am 11. Dezember 1969. Erste Beschlüsse wurden gefasst.

Damit ist das Ende des Jahres 1969, dem Ausgangspunkt für das diesjährige Jubiläum, erreicht. Wesentliche Wahlen waren durchgeführt und wichtige Entscheidungen getroffen worden, aber es blieb noch Vieles zu tun, bis die Ev. Kirchengemeine Neunkirchen die Gestalt angenommen hatte, die sie heute noch hat. Dazu gehörte unter Anderem:

Genauso wie nach einer Scheidung mussten auch nach der Auftrennung in die Kirchengemeinden Seelscheid und Neunkirchen die Vermögenswerte (Grundstücke, Finanzen) mit notarieller Hilfe auseinandergesetzt werden. Dieser Prozess begann im Frühjahr 1970.

Ein Pfarrer wird gesucht
Eine andere Angelegenheit war der „eigene“ Pfarrer. Die Neunkirchener Kirchengemeinde hatte „nur“ einen Gemeindediakon (Herbert Skambraks), und Pfr Sälzer hatte seine Pfarrsteller in Much und war bezogen auf Neunkirchen „nur“ Vorsitzender des Presbyteriums. Es sollte bis 1974 dauern, bis sich diese Situation änderte. Zwar hatte das LKA in Düsseldorf die Gemeindediakonstelle in Neunkirchen zum 01. Juni 1973 in eine Gemeindemissionsstelle umgewandelt, aber H. Skambraks konnte auf dieser Stelle nicht Pfarrer werden, weil es keine Pfarrstelle war. Um ihn dann endlich Pfarrer werden zu lassen, wurde er zum 01. Januar 1974 nach Wetter (Ruhr) auf eine Pfarrstelle versetzt, wo er bis 1981 blieb, um dann der Nachfolger von Pfr W. Sälzer in Much zu werden.

Der Versetzung von Herbert Skambraks nahm das Neunkirchener Presbyterium zum Anlass, die Umwandlung der Gemeindemissionarsstelle in eine Pfarrstelle zu beantragen. Der Antrag wurde auf dem Dienstweg in das LKA in Düsseldorf geschickt und dabei von Superintendenten des Kirchenkreises an Sieg und Rhein unterstützt. In seinem Schreiben vom 23. Oktober 1973 waren die zahlreichen Argumente aufgeführt, die für die Einrichtung einer Pfarrstelle in Neunkirchen sprachen. Das LKA hat den Antrag schnell bearbeitet und am 30. November 1973 in einem urkundlichen Beschluss die Errichtung einer Pfarrstelle in der Neunkirchener Kirchengemeinde beschlossen. Zum 21. Januar 1974 wurde diese Stelle freigegeben, und nun konnten sich Bewerber für sie melden. Mehr dazu können dem Heftbeitrag zu den Pfarrern der Kirchengemeinde entnommen werden.

Die in Neunkirchen errichtete Pfarrstelle zog eine weitere Baumaßnahme nach sich, und zwar den Bau eines Pfarrhauses, der 1974 begonnen und 1975 abgeschlossen wurde. Für den Bauausschuss gab es immer etwas zu tun!

Das Siegel
Es gab noch etwas, das der Ev. Kirchengemeinde Neunkirchen lange Zeit fehlte: Ein eigenes Dienstsiegel. Erste Schritte in Richtung dazu wurden im Frühjahr 1973 unternommen, aber erst im April 1975 erfolgten die ersten Stempelandruck und im Kirchlichen Amtsblatt vom Mai 1975 wurde das Siegel der Ev. Kirchengemeinde Neunkirchen veröffentlicht und durfte von nun an verwendet werden.

Mit diesem weniger spektakulären, aber dennoch wichtigem Ereignis aus dem Jahre 1975 soll der Blick auf das Geburtsjahr 1969 der Evangelischen Kirchengemeinde Neunkirchen beendet werden.

Christian Emrich

Ein Dach über dem Kopf – die Gebäude der Evangelischen Kirchengemeinde Neunkirchen

Die evangelische Kirche in Neunkirchen wurde am 1. Advent 1961 feierlich eingeweiht und in Gebrauch genommen. Endlich gab es einen eigenen Kirchraum, um dort Gottesdienste in Neunkirchen zu feiern. Glocken läuteten und luden zum Gottesdienst ein, finanziert durch Spenden zahlreicher Gemeindeglieder, Bürger, nicht zuletzt durch eine Spende der Evangelischen Kirchengemeinde Much und eine Schenkung des Kreissynodalvorstandes. Die ersten Stühle schenkte das Gustav-Adolph-Werk, die jetzigen wurden im Zuge der Neugestaltung des Kirchraums 2003 angeschafft. Die alten haben Kinder der Ferienspielwoche mit einem neuen Anstrich versehen, sie dienen uns heute im Jugendbereich als Sitzgelegenheit.

1966/67 dann kam das Tauffenster, das nach einem freien Entwurf der TH Aachen angefertigt wurde. Es zeigt die Taube – das Symbol des Heiligen Geistes, mit dem der Täufling in der Taufe erfüllt wird. 2003 kam das Glasfenster über dem Ausgang dazu, zu dem es heißt, dass es „durchaus die Interpretation ‚Schöpfung‘ zu“lässt.

Ebenfalls 2003 wurden im Zuge der Neugestaltung neue Prinzipalstücke angeschafft, also Kanzel, Altar, Ständer für die Osterkerze. Das Taufbecken hingegen gab es schon länger, ein Geschenk des Oberkirchenrates Helmut Rößler.

Die gesamte Neugestaltung orientierte sich am Leitbild „Wir möchten eine Gemeinschaft

von Verschiedenen sein: einladend, lebendig und fröhlich, orientiert an Gottes Wort, geleitet von Gottes Geist.

So gibt es unterschiedliche Hölzer, die die Altarbeine bilden, die verschiedensten Steine als Fußboden und auch im Bodenmosaik des Taufplatzes, selbst die neuen Stühle sind verschiedenfarbig bezogen.

Die Orgel „wanderte“ 2003 aus dem Altarraum an ihren jetzigen Platz hinten im Kirchraum und die Falttür zum großen Gemeindesaal wurde durch eine viel größere Schiebewand ersetzt, so dass bei ihrer Öffnung quasi ein Kirchraum mit zwei Flügeln entsteht.

Doch nicht nur die Kirche erfuhr Veränderungen, es wurde auch kräftig erweitert.

Der große Gemeindesaal wurde bereits in den Jahren 1969-1971 geplant und angebaut, zusammen mit einer kleinen Küche und dem kleinen Jugendraum sowie den Toilettenanlagen im Keller.

1990 begannen die Arbeiten zur zweiten Erweiterung des Gemeindehauses, denn es wurde doch eng mit allen Gruppen und Kreisen, die das Haus mit Leben füllten. Es wurden im Erdgeschoss das Telefonzimmer, die Toilettenanlagen, die Küche und der kleine Gemeindesaal angebaut und darunter im Jugendbereich der kleine Jugendraum, ebenfalls eine Küche und der Lagerraum. 1993 wurde die neuen Räumlichkeiten feierlich an Erntedank eingeweiht und in Gebrauch genommen, der damals gepflanzte Apfelbaum ziert auch heute noch die Wiese dahinter.

Nach der Neugestaltung des Kirchraums ging es 2007 auch an die Neugestaltung der Eingangsbereiche von Kirche und Gemeindehaus, sie sollten offener und weiter werden und lichtdurchflutet, viel Glas kam zum Einsatz. 2008 dann waren alle Hürden genommen und  wir freuen uns nun über den hellen Vorraum der Kirche, der zur Begegnung einlädt, vor und nach dem Gottesdienst.

Weitere Gebäude kamen hinzu. Auf dem hinteren Grundstück entstand das Pfarrhaus mit dem Pfarrbüro, das im 1999/2000 einen Anbau erhielt, der nun das Gemeinde- und Jugendbüro beherbergt und einen ebenerdigen Eingang hat. Im Jahr 1994 wurde das Küsterhaus gekauft.

Angela Scharf